Gerichtsstand

Gerichtsstand
örtliche  Zuständigkeit des Gerichts. Im  Zivilprozess (§§ 12–37 ZPO): 1. Allgemeiner G.: G., in dem alle Klagen gegen eine Person erhoben werden können, sofern nicht ausnahmsweise die ausschließliche Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts gegeben ist. Er wird durch den  Wohnsitz des Beklagten bestimmt; in Ermangelung eines solchen (in- oder ausländischen) durch den gegenwärtigen inländischen Aufenthaltsort; fehlt auch dieser, durch den letzten Wohnsitz im Inland; bei  juristischen Personen nach deren  Sitz (i.d.R. Ort, wo die Verwaltung geführt wird); für Klagen gegen den  Fiskus nach dem Sitz der Behörde, die den Fiskus in dem Rechtsstreit zu vertreten berufen ist. Beim  Insolvenzverwalter für Klagen, die sich auf die  Insolvenzmasse beziehen, ist es der Sitz des  Insolvenzgerichts.
- 2. Für einzelne Klagen häufig zusätzlicher besonderer G., z.B.: a) Persönlicher G.: G. des Beschäftigungsorts, wenn die Verhältnisse auf einen Aufenthalt von längerer Dauer schließen lassen; G. der Niederlassung für alle sich auf den Betrieb der Niederlassung beziehenden Klagen am Ort der Niederlassung; G. des Ortes, an dem sich Vermögensstücke des Beklagten befinden, sofern er keinen inländischen Wohnsitz hat.
- b) Sachlicher G.: G. des  Erfüllungsorts; G. der  unerlaubten Handlung dort, wo diese begangen ist, und zwar für alle Ansprüche, die daraus entstehen; bei  Grundstücken ist für Klagen, mit denen  Eigentum, dingliche Belastung, die Freiheit von einer solchen oder  Besitz geltend gemacht werden, das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Sache gelegen ist (dinglicher Gerichtsstand); ebenso bei Miet- und Pachtstreitigkeiten und solchen über Wohnungseigentum; ausschließlich zuständig für Klagen aus  unlauterem Wettbewerb ist das Gericht der gewerblichen Niederlassung, u.U. des Wohnsitzes des Beklagten (§ 14 UWG).
- c) Für Klagen aus Haustürgeschäften ist das Gericht des Wohnsitzes des Verbrauchers zuständig.
- Ausnahme: § 29c III ZPO.
- 3. Vertragliche Vereinbarung eines G. (Gerichtsstandvereinbarung Provogation) ist eingeschränkt zulässig (§§ 38–40 ZPO); sie muss (1) sich auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis (z.B. nicht ausreichend: „alle Klagen aus Geschäftsverkehr“) beziehen, (2) einen vermögensrechtlichen Anspruch betreffen, (3) keinen ausschließlichen G. ausschließen und (4) ausdrücklich und schriftlich nach dem Entstehen der Streitigkeit (entfällt zwischen Vollkaufleuten, juristischen Personen des öffentlichen Rechts und öffentlich-rechtlichen Sondervermögen) geschlossen werden. Verhandelt der Beklagte vor einem Zivilgericht des ersten Rechtszugs, ohne die Unzuständigkeit zu rügen, gilt dies als stillschweigende Zuständigkeitsvereinbarung (§ 39 ZPO); dies gilt nicht, wenn er über die Unzuständigkeit im Verfahren vor dem Amtsgericht nicht ausdrücklich belehrt worden ist. Vor Entstehen der Streitigkeit ist eine abweichende Vereinbarung (ebenfalls ausdrücklich und schriftlich) nur zulässig für den Fall, dass der Beklagte nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus der Bundesrepublik Deutschland verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der  Klageerhebung unbekannt ist. Für das  Mahnverfahren ist ausschließlich das Amtsgericht zuständig, bei dem der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (§ 689 ZPO). Bei Widerspruch – und auch bei Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid (§ 700 ZPO) – wird der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung an das Gericht abgegeben, an dem der Schuldner seinen allgemeinen G. hat (§ 696 ZPO).
- 4. Maßgebend ist für Klageerhebung (fast ausnahmslos) der G. des Beklagten; unter mehreren G. hat der Kläger die Wahl.
- 5. G. der OHG und KG richtet sich nach dem  Sitz. Klagen gegen die Gesellschafter, z.B. wegen ihrer persönlichen Haftung, müssen aber an deren G., der meist der des  Wohnsitzes sein wird, eingereicht werden.
- 6. Die örtliche Zuständigkeit ist von Amts wegen zu prüfen; bei Unzuständigkeit ist die Klage als unzulässig abzuweisen, doch kann der Kläger (ggf. hilfsweise) den  Antrag stellen, den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen.
- 7. Bei Versicherungsverträgen: a) Bei Prämienklagen der Versicherungsgesellschaft i.Allg. der Wohnsitz des Versicherungsnehmers. Bei Klagen des Versicherungsnehmers sind folgende Gerichtsstände möglich: (1) Allgemeiner G. am Sitz der Gesellschaft (§ 17 ZPO), (2) am G. der Niederlassung, wenn sich die Klage hierauf bezieht (§ 21 ZPO), (3) Gerichtsstand der Agentur (§ 48 VVG), (4) der besondere G. des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO); vgl. §§ 8 II AKB; 10 II AHB; 19 AUB.
- b) Gegen ausländische Versicherer kann am Sitz des inländischen Hauptbevollmächtigten geklagt werden.

Lexikon der Economics. 2013.

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